Waldgeschichte Schleswig-Holsteins

Seitdem die Menschen in der Jungsteinzeit‘ sesshaft geworden waren, begannen sie den Wald zu roden, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Während des Mittelalters ver-schlang der Haus-, Städte- und Schiffsbau sowie das Gewerbe ganze Waldgebiete. Gewerbebetriebe, wie Glashütten und die Eisengewinnung, benötigten mit dem Einsetzen der Frühindustrialisierung im 16. Jahrhundert Unmengen an Holzkohle. Zusätzlich brachte die Schweinemast mit Eicheln und Bucheckern
sowie die Nutzung der Blatt- und Nadelstreu als Stalleinlage eine nachhaltige Schädigung der Wälder mit sich. Etwa 1780 waren nur noch 4% der Gesamtfläche Schleswig-Holsteins bewaldet. Als das Zurückdrängen des Waldes lebensbedrohliche Formen angenommen hatte, wurde endlich damit begonnen, intensiv und großflächig aufzuforsten.

Zeit der Aufforstungen

Per Erlass begann im Jahre 1784 in Schleswig-Holstein die geregelte Forstwirtschaft. Die gerodeten Laubwälder wurden nun mit raschwüchsigem Nadelholz wie Fichte, Lärche und Kiefer aufgeforstet. Dem Wald wurde nur so viel Holz entnommen, wie er durch Nachwachsen produzieren konnte. Dank dieser Aufforstungsbemühungen sind bis heute rund 10% der 4 Landesfläche bewaldet, Allerdings sind diese Baumarten in Schleswig-Holstein, weit außerhalb ihres natürlichen Wuchsgebietes,
sehr anfällig für Sturmschäden und Insektenbefall.

Die Varendorfsche Karte von 1790, eine Militärkarte, zeigt sehr anschaulich die Waldverteilung in der Region um Reinfeld.

Naturnahe Forstwirtschaft

In jüngster Zeit wird deswegen der Wald gemäß der naturnahen Forstwirtschaft in stabile Mischwälder mit einem hohen Laubbaumanteil umgebaut. Der Standort bestimmt die Artenzusammensetzung. Ziel ist ein Wald, in dem kleinflächig alle Altersstufen der heimischen Baumarten vertreten sind. Es werden keine Kahlschläge durchgeführt, nur die stärksten Bäume werden geerntet. In die entstehenden Lücken können die verbleibenden Bäume hineinwachsen und selbst zu Baumriesen
werden und vielen Tierarten einen Lebensraum bieten.

Tiere und Pflanzen im Wald

In alten und starken Bäumen entstehen viele Lebensräume für Tiere und Pflanzen. So gibt eine knorrige, alte Eiche zahlreichen Moosen und Flechten Siedlungsfläche. Insekten, Vögel und Säugetiere finden hier Nahrungs-, Brut- und Versteckmöglichkeiten. Nach der Ernte des Baumes verbleiben Krone und Wurzel als Totholz im Wald und geben Insekten und Pilzen Nahrung und Lebensraum. Fällt so ein mächtiger Baum, kommt das Sonnenlicht bis auf den Waldboden und gibt lichthungrigen Pflanzen
und jungen Bäumen die Möglichkeit heranzuwachsen, bis das Kronendach wieder geschlossen ist. Dieser perfekte Kreislauf wird bei der naturnahen Forstwirtschaft genutzt, um ökologisch und ökonomisch wertvolle Wälder heranzuziehen. In dem hier seit 1930 vorhandenen Fichten-bestand wurden junge Buchen eingebracht. Die Fichten dienen dabei als „Ammenbäume“, unter deren Schirmschutz die Buchen und die aus der Naturverjüngung stammenden Eschen und Bergahorne heranwachsen.
Die Stadt Reinfeld tätigt, mit Hilfe von EU-, Bundes- und Landesfördermitteln, eine wichtige Investition in die Zukunft – eine natürliche und stabile Waldgesellschaft entsteht.

Naturnahe Wälder sind abwechslungsreich und geben Tieren mit den unterschiedlichsten Ansprüchen an Nahrung, Brut- und Rückzugsmöglichkeiten einen Lebensraum.

Das Ziel des naturnahen Waldbaus ist ein Bestand, in dem Bäume verschiedensten Alters direkt nebeneinanderstehen. Wenn ein alter Baum einzelstammweit genutzt wird, kann sofort ein jüngerer in diese Lücke hineinstoßen und bis zu seinem hohen Erntealter weiterwachsen.

Ein Käfer, der vom hohen Totholzanteil in naturnahen Wäldern profitiert, ist der Bockkäfer. Seine Larven leben meist im Holz alter und abgestorbener Bäume und fressen anfangs oberflächlich unter der Rinde, später dann tief im Holz Bohrmehl gefüllte Gänge. Forstlich gesehen sind die erwachsenen Käfer harmlos, sie können zu ihrer Verteidigung aber empfindlich zubeißen.

Der Braune Waldvogel durchstreift auf der Suche nach verschiedenen Süß- und Sauergräsern die halbschattigen Bereiche lockerer Wälder und den Waldrändern. Er fühlt sich daher in einem stufigen und abwechslungsreichen Mischwald sehr wohl.

Eine artenreiche Krautschicht kann sich nur dann entwickeln, wenn größere Lücken im Kronendach zu Licht zum Waldboden durchlassen. Solche Lichtkanäle finden sich nicht in monotonen Fichtenforsten. Eine Krautschicht ist aber wünschenswert, weil zahlreiche Tierarten hier einen Lebensraum finden. Strukturvielfalt bringt Artenreichtum mit sich!

Der Grünblättrige Schwefelkopf ist ein holzzersetzender Pilz und damit Bestandteil eines der wichtigsten Kreisläufe im Ökosystem Wald: Totholz wird zu Humus abgebaut. Er wächst büschelig an Laub- und Nadelholzstümpfen und manchmal auch scheinbar am Boden au vergrabenen Holz. Der Schwefelkopf ist giftig, wie viele andere Pilze auch. Deshalb sollten sich Pilzsammler bei der Bestimmung sehr sicher sein und beim kleinsten Zweifel auf den Verzehr verzichten.

Cyprinus verrät:

Deutschland ist ein Waldland. Ohne menschliche Eingriffe wäre Schleswig-Holstein bis auf wenige Ausnahmen mit einem Buchenmischwald bedeckt. Daher zählt der Wald in unserer wirtschaftlich geprägten Landschaft, zu den naturnächsten Ökosystemen.